Ärztin Elena und ihr Sohn Podul sind selbst geflohen. Unsere Partnerorganisation SOARTA brachte die beiden in einem ehemaligen Ferienlager am Stadtrand von Soroca (Moldawien) unter, das jetzt als Flüchtlingscamp dient. Hier übernimmt die 38-jährige Ärztin Elena die medizinische Betreuung von Flüchtlingskindern.
Noch einmal hört Elena die Lunge des kleinen Mädchens ab. „Die Medikamente haben gewirkt“, sagt die 38-jährige Ärztin und lächelt aufmunternd. Vor zwei Tagen hat sie den zweijährigen Bruder des Mädchens ins Krankenhaus von Soroca gebracht, sein Fieber wollte einfach nicht sinken. Er ist noch immer dort, zusammen mit der Mutter. Das Mädchen ist in dem Lager für ukrainische Flüchtlinge zurück geblieben, an der Seite ihrer Großmutter. „Nimm die Tabletten noch eine Woche “, sagt Elena.
Die Ärztin ist selbst schon Ende Februar mit ihrem zehnjährigen Sohn Podul aus Charkiv geflohen. Von ihrer Wohnung im 15. Stock sahen sie, wie die Explosionen immer näher kamen. Sie packten zwei Taschen und fuhren los zum nächsten Grenzübergang. Weil sie nachts anhalten mussten, brauchten sie für die knapp 800 Kilometer eine Woche. Sie waren so erschöpft, dass sie in Soroca blieben, in der ersten Stadt der Republik Moldau. Zehn Tage ließ ein Hotelbesitzer sie dort umsonst übernachten. Dann brachte er sie zur Diakonie-Partnerorganisation SOARTA, die sich im Ort um die Flüchtenden kümmert.
Bisher haben sich die 52-jährige Direktorin Asea Raileau und ihre sechs Mitarbeiter vor allem um ältere Menschen gekümmert, deren Kinder im Ausland arbeiten. Sie versorgen sie im Winter mit Kohle und Lebensmitteln, leisten ihnen Gesellschaft. Jetzt fragen sie jeden, den sie in Soroca kennen, ob sie Zimmer für Flüchtlinge frei haben. Die meisten bejahen. Um Heizkosten zu sparen, nutzen die meisten moldawischen Familien im Winter nur einen Raum. Raileau brachte auch Elena und ihren Sohn bei einer moldawischen Familie unter. Dann ging sie mit der ukrainischen Ärztin ins Rathaus von Soroca. Mitarbeiter dort bauten gerade ein Sommerferienlager am Ortsrand in ein Flüchtlingscamp um. Eine Ärztin werde dort dringend gebraucht, überzeugte die resolute Raileau die Gemeindeangestellten.
Keine Woche später hatte Elena nicht nur einen Vollzeitjob, sondern auch ein Zuhause. Mit einer anderen Familie teilen sie und ihr Sohn sich jetzt eines der Häuschen des früheren Ferienlagers. Podul geht in die Schule. „Besser hätte es uns in dieser schrecklichen Situation nicht ergehen können“, sagt Elena und umarmt Asea Raileau.