Hunger und Platzmangel in Flüchtlingscamps
Tschad: Fast eine Million Geflüchtete aus dem Sudan bis Jahresende erwartet
Immer mehr Menschen fliehen aus dem Sudan in den Tschad. Das Land beherbergt rund 900.000 Geflüchtete und Rückkehrer, deren Versorgung schwieriger wird. Mehr als 200.000 Menschen sollen nun von einem Transitcamp in Adré ins Landesinnere verlegt werden, doch es fehlt an Platz.
Mit dem Ende der Regenzeit im Oktober ist die Zahl der Geflüchteten aus dem Sudan sprunghaft angestiegen. Rund 50.000 Menschen waren laut UN-Angaben vergangenen Monat im Tschad angekommen, um Schutz vor dem Krieg zu suchen. Zunehmende Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee und Kämpfern der verfeindeten Rapid Support Forces (RSF) sowie alliierten Milizen sollen die Fluchtbewegungen ausgelöst haben. Die Mehrheit der Menschen kommt aus Darfur, wo der RSF gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung vorgeworfen werden.
Hunderttausende suchen Schutz vor allem in grenznahen Regionen, was zunehmend zum Problem wird. „Wir gehen überall hin, wenn es sicher ist“, sagt Adam Abdallah. Der ehemalige Lehrer aus Darfur floh 2023 und organisiert seitdem ein Transitcamp in der Grenzstadt Adré. Das informelle Camp mit mehr als 200.000 Menschen ist bereits überfüllt, täglich kommen Hunderte hinzu. Abdallah koordiniert sich mit den tschadischen Behörden, die nun jedoch ein Ultimatum gestellt haben und jede Unterstützung des Camps bis Ende November einstellen wollen. Ein Teil der Menschen soll nach Dougui ins Landesinnere gebracht werden, wo ein neues, aber viel zu kleines Camp errichtet wird. Nicht nur der Platzmangel ist ein Problem. „Die Menschen haben Angst, zu weit weg von der Grenze zu leben. Sie befürchten Ablehnung und Gewalt“, erklärt Adam Abdallah.
Zudem deckt die Versorgung in den zahlreichen Camps kaum die Bedürfnisse der Menschen. Das Flüchtlingscamp Arkoum liegt rund drei Autostunden von Adré entfernt und ist nur über eine verzweigte Sandpiste erreichbar. 54.000 Menschen leben dort abgelegen seit mehr als einem Jahr. „Sorghum, etwas Öl, Salz und Bohnen sind das Einzige, was wir jeden Monat erhalten. Davon bekomme ich meine Familie nicht satt“, sagt Fakouma Yacoub Ishag. Sie ist mit ihren vier Kindern nach Arkoum gekommen. Das Schicksal ihres Mannes ist ungewiss, wahrscheinlich wurde er auf der Flucht im Sudan wie so viele andere Männer und Jungen getötet.
In Arkoum haben die Menschen keine Möglichkeit, sich zu beschäftigen oder wirtschaftlich tätig zu werden. „Ich befürchte, dass unsere Kinder und die Jugendlichen kriminell werden oder Drogen nehmen, wenn sich das nicht bald ändert“, sagt Ishag verzweifelt. Das Land um das Camp gehört den aufnehmenden Gemeinden und ist für die Geflüchteten nicht zugänglich. Zudem herrschen Hygieneprobleme. Zusammen mit lokalen Partnern hat die Diakonie Katastrophenhilfe 20 Latrinen errichtet und über Hygienemaßnahmen aufgeklärt. Ein jüngst gestartetes Hilfsprojekt mit Unterstützung des Auswärtigen Amts soll die Unter- und Mangelernährung von Kindern in Flüchtlingscamps erkennen und reduzieren. Durch landwirtschaftliche Aktivitäten verbessern Familien die Selbstversorgung, an der es allerorten mangelt.
„Es kommen derzeit mehr Menschen im Tschad an, als angemessene Plätze in Camps und Unterkünften bereitgestellt werden“, warnt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, und fordert die Bundesregierung weiter zu einer verlässlichen Unterstützung der humanitären Hilfe auf. „Trotz einer vorläufigen Haushaltsführung für das kommende Jahr muss Hilfe für Krisen wie im Sudan und den Nachbarländern aufrechterhalten werden. Andernfalls gleitet der internationalen Gemeinschaft die schon heute größte Flüchtlingskrise der Welt aus den Händen. Das hätte gravierende Folgen für die Menschen im Sudan, die zum Teil vor einer verheerenden Hungersnot stehen, und in den verarmten Nachbarländern “, sagt Martin Keßler.
Die Diakonie Katastrophenhilfe bittet um Spenden:
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