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Neutralität als Schutzinstrument verliert an Anerkennung

Helfende schützen und Hilfe ermöglichen

2023 gilt als das tödlichste Jahr für humanitäre Helferinnen und Helfer in jüngster Zeit. Laut Aid Worker Security Database waren weltweit mehr als 270 von ihnen ums Leben gekommen. Vor allem der Krieg in Gaza ließ die Zahl sprunghaft ansteigen, wo in den ersten drei Kriegsmonaten mehr als 163 Helfende getötet wurden. „Obwohl das humanitäre Prinzip der Neutralität die Grundlage unserer Arbeit ist, wird es von Konfliktparteien zunehmend missachtet. Das gefährdet das Leben von Helfenden und die Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten, die auf humanitäre Hilfe angewiesen ist“, sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe.

Die Zahlen über getötete Helferinnen und Helfer weltweit sind erschütternd, aber nur ein Ausschnitt des Problems: „Die erhobenen Daten spiegeln die Zahl derer wider, die in den jeweiligen Ländern und von Organisationen gemeldet wurden. Wir müssen leider von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, die gar nicht erst erfasst werden“, sagt Martin Keßler. Vor allem in Ländern mit existierenden UN-Strukturen und internationaler Präsenz seien die Zahlen aussagekräftig. „Wenn sich aber die internationale Gemeinschaft mehr und mehr aus Ländern wie Myanmar oder Haiti zurückzieht, wird auch weniger auf die dort verbliebenen lokalen Helfenden und ihr Schicksal geschaut“, befürchtet Keßler.

Auf einen internationalen Helfenden kamen in den vergangenen Jahren rund 20 lokale Kräfte, die von Gewalt betroffen waren und dabei verschleppt, verletzt oder getötet wurden. Ihre Lage erhält jedoch kaum öffentliche Aufmerksamkeit. „Übergriffe gegen lokale Akteure müssen besser registriert, benannt und verurteilt werden, wie es in der Regel bei Attacken auf internationale Organisationen und deren Mitarbeitende passiert. Andernfalls nehmen wir hin, das lokale Organisationen weiterhin das größte Risiko tragen und enorm gefährdet sind. Das darf nicht passieren“, sagt Keßler.

Den Preis für die Übergriffe zahlen auch Menschen in Not. „Wenn das Hilfe leisten zunehmend zur Gefahr wird, bleibt sie im schlimmsten Fall aus. Bei 120 Millionen Menschen auf der Flucht und 300 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, darf sich der Handlungsraum nicht weiter schließen. Deshalb muss die heutige Relevanz der humanitären Prinzipien geprüft und deren Anerkennung durch Konfliktparteien gestärkt werden“, sagt Martin Keßler. 

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