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„Wir halten an unseren Träumen fest“

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Der Bürgerkrieg in Syrien zählt zu den komplexesten humanitären Krisen weltweit. Israa ist 50 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern in einer kleinen Wohnung in Ost-Ghouta. Hier erzählt sie über fehlendes Geld für medizinische Behandlungen, Ängste und Träume.

Israa in der Küche ihrer kleinen Wohnung. Foto: Hasan Belal/Caritas Schweiz

Was im Frühjahr 2011 in Syrien als friedlicher Protest im Zuge des Arabischen Frühlings begann, hat sich bis heute zu einer der komplexesten humanitären Krisen der Welt entwickelt: Der Bürgerkrieg in Syrien. Neben den Schrecken des Krieges haben die Menschen in Syrien nun auch mit wirtschaftlichen Problemen und massiver Armut zu kämpfen.

Israa ist 50 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern in einer kleinen Wohnung in Mleha, einem Wohngebiet in Ost-Ghouta, Syrien. Die Wohnung befindet sich im Untergeschoss eines Hauses, es gibt weder Beleuchtung noch Heizung – es ist kalt in der bescheidenen Unterkunft.

Mleha war rund sechs Jahre Schauplatz des syrischen Bürgerkrieges. Als die Kämpfe begannen, musste Israa‘s Familie aus Mleha fliehen. Auf der Suche nach einem sicheren Aufenthaltsort zogen sie von einer Stadt zur anderen. Vor zwei Jahren konnten sie endlich zurück in ihr Haus nach Mleha ziehen – auch sie fanden ihr einstiges zu Hause durch Kriegshandlungen zerstört wieder. Sie und ihre Schwestern haben aktuell keine Arbeit, es fehlt an Einkommen. Die Lebensbedingungen der Familie sind schlecht und es ist schwer, wieder zurück zu finden in ein Leben ohne Krieg – ein normales Leben.

Kein Geld für medizinische Behandlungen

Meine Mutter und meine größere Schwester Samira (Name geändert) haben gesundheitliche Probleme, ihre Mobilität ist sehr eingeschränkt, sagt Israa bedrückt. Die Mutter hatte vor langer Zeit einen Schlaganfall, ihre Schwester hat neurologische Probleme. Beide Frauen sind daher laufend auf Unterstützung im Alltag angewiesen. Israa und ihre kleine Schwester Nadira (Name geändert) kümmern sich liebevoll um die Familie, was viel Anstrengung und Einsatz erfordert.

Israa verbringt ihren Tag damit im Haus zu arbeiten, Putz- und Kocharbeiten zu erledigen und sich um die kranken Familienmitglieder zu kümmern. Gerade die Betreuung ihrer Mutter und Schwestern macht es schwer für Israa eine feste Arbeit zu finden. Die Familie ist daher zu einem großen Teil auf Unterstützung angewiesen, um ihre Grundbedürfnisse sichern zu können – hierzu zählen vor allem Medikamente und Nahrungsmittel.

Vor einigen Monaten musste Israa‘s Familie aufgrund ihrer sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation alle Behandlungen für ihre Mutter und Schwester abbrechen – es fehlte schlicht an Geld dafür. Ärzte bezahlen, Medikamente kaufen, den Transport zur Klinik und zur Apotheke aufbringen. All diese Ausgaben übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der Familie um ein Vielfaches.

„Wir halten an unseren Träumen fest“

Finanzielle Erleichterung brachte erst das – 2019 von Caritas Organisationen ins Leben gerufene und EU finanzierte – CARMA Projekt (Cash Assistance in Re-Emerging Markets in Syria), das für besonders vulnerable syrische Familien Bargeldhilfen leistet. Auch die Diakonie Katastrophenhilfe fördert das Projekt finanziell und begleitet das Projekt mit technischer Unterstützung. Für Israa‘s Familie war der Erhalt der beiden ersten Zahlungen sehr hilfreich. Endlich konnten sie die Arztbesuche und den Kauf der notwendigen Medikamente für ihre Mutter und Schwester wieder aufnehmen. Es war eine Art kostbares Geschenk für uns, sagt sie heute.

Neben ihren täglichen Aufgaben im Haushalt widmet Israa einen Teil ihres Tages der Unterhaltung ihrer Familienmitglieder. Da wir keinen Strom und keinen Fernsehen haben, hören wir über ein altes Handy Radio. Wir lesen uns auch Witze und Anekdoten aus einigen alten Büchern, beschreibt Israa die sorgloseren Stunden ihres Tages. Auch der braune Kater namens Sounbol, der ständig ums Haus streift und mittlerweile zum besten Freund der Familie geworden ist, zählt zu diesen kleinen täglichen Freuden der Familie.

Neben dem Fenster lässt Israa gerade einige Grünpflanzen wachsen, um dem Haus wieder mehr Farbe zu verleihen – Feuer und Staub aus drei Jahren Krieg haben fast alle Wände mit schwarzen Schichten bedeckt.

Wenn das Wetter schön ist, besteht Israa darauf, mit ihrer Mutter oder ihrer Schwester mit Hilfe eines alten Rollstuhls hinaus zu gehen und frische Luft zu schnappen. Es wäre schwer für mich, mit beiden gleichzeitig unterwegs zu sein, deshalb kann ich jedes Mal nur mit einer von ihnen spazieren gehen, sagt sie mit einem Funkeln in den Augen. Israa‘s einziger Wunsch ist es, ihre Schwester und ihre Mutter weiterhin mit allen Mitteln zu unterstützen.

Samira, die die meiste Zeit des Tages aufgrund ihrer Erkrankung sitzend oder schlafend verbringt, hält trotz der schwierigen Situation an ihren Träumen fest – eine hellere Wohnung mit einem großen Spiegel an der Wand. Wir suchen die Hoffnung in jedem kleinen Detail um uns herum. Obwohl sie jetzt schwer zu finden ist, halten wir an der Hoffnung fest, dass es morgen besser wird und dass wir den Rest unseres Lebens friedlich und glücklich leben können", sagt Samira zum Abschluss des Besuches.

Das Caritas Projekt CARMA (Cash Assistance in Re-Emerging Markets in Syria), welches auch von der Diakonie Katastrophenhilfe finanziert wird, unterstützt besonders Betroffene dieser menschengemachten Krise. Desweiteren wird das Projekt von ECHO (Generaldirektion für Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission) sowie der Konsortium-Partner Caritas Schweiz und CordAid unterstützt und finanziell gefördert.

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