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Gibt es genügend Essen für die Bevölkerung?

zurück Von Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel

Eindrücke der Reise durch Zentralsyrien von Dr.h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. Teil 3 beschäftigt sich mit Ernährungssicherheit.

Frau Cornelia Fuellkrug-Weitzel (Präsidentin Diakonie Katastrophenhilfe) und Father Alexi (49 Jahre, Direktor der Organisation GOPA-DERD) werden von den Frauen des syrischen Dorfes Awinate begruesst.

Frau Cornelia Fuellkrug-Weitzel (Präsidentin Diakonie Katastrophenhilfe) und Father Alexi (49 Jahre, Direktor der Organisation GOPA-DERD) werden von den Frauen des syrischen Dorfes Awinate begruesst.

Was das Auge sieht: Die landwirtschaftliche Produktion – neben dem Öl das Rückgrat der Wirtschaft Syriens - ist im Gange. Tomaten und Gemüse prangen unter den Folien großer Gewächshäuser industrialisierter Landwirtschaft. Was es erst auf den zweiten Blick sieht: sie ist nur eingeschränkt im Gange. Man sieht auf den frühlingshaften Feldern, die von Familien bewirtschaftet werden, nur vergleichsweise wenige Leute, obwohl doch jeder weiß, was ‚im Märzen der Bauer‘ zu tun hat. Es fehlt an Arbeitskräften und Maschinen. Letztere wurden häufig (von den sich zurückziehenden Kämpfern) gestohlen. Und was die Arbeitskräfte betrifft: es fehlen die kräftigen, jungen und mittelalten Männer. Sie sind freiwillig oder unfreiwillig Teil der kämpfenden Truppen auf der einen oder anderen Seite. Oder sie waren es bis zu ihrem gewaltsamen Tod. Oder sie wurden entführt und ihr Schicksal ist ungewiss. Andere haben sich dem durch Flucht - vor allem in Nachbarländer – entzogen.

Von Ernährungssicherheit kann keine Rede sein

Die auf dem Land zurückgebliebenen Frauen, Kinder und Alten können nur leichtere Arbeiten ausführen, weniger Land mit einfacheren Methoden bewirtschaften. Sie halten weniger Vieh – um die Arbeit zu erleichtern oder weil es ihnen gestohlen wurde. Manche können Teile ihres Landes noch nicht betreten, weil es noch Blindgänger bergen könnte oder noch umkämpft ist. So reicht ihre Produktion soeben zur eigenen Ernährung und eventuell zum Verkauf auf lokalen Märkten. Zur Ernährungssicherheit der Bevölkerung fehlt enorm viel. Was importiert werden muss, ist für viele unerschwinglich.

Auch diejenigen, die aus ihren umkämpften Dörfer fliehen mussten, produzieren dort, wo sie – meist in Nachbarregionen - vorübergehend als sogenannte „Intern Vertriebene“ untergekommen sind, im kleinem Stil Nahrungsmittel. Auf den kleinen Fetzen öffentlichem Land, auf dem sie ihr informelles Flüchtlingszeltlager errichtet haben, oder auf dem von Anderen verlassenen Land, halten sie ein wenig Kleinvieh oder bauen Früchte und Gemüse an. Das gilt zumindest in einer Region, aus der uns berichtet wurde,  für circa 50 Prozent der Flüchtlingsfamilien. Es hält sie – aber eben nur sie – so eben über Wasser.   

Hunger nimmt teils lebensbedrohliche Formen an

Und wie es in den eher dürren Gegenden aussieht, die gegenwärtig noch von Rebellen gehalten werden und nur ganz schwer zugänglich sind, oder wie in den heftig umkämpften Gebieten - wovon die Leute sich dort ernähren, was dort derzeit überhaupt an Nahrungsmitteln aus UN-Hilfslieferungen hingelangt, lässt sich nur erahnen. Zu vermuten ist, dass der Hunger mitsamt seinen gesundheitlichen Folgen dort teils lebensbedrohliche Formen annimmt. 

Unbeschadet des Anbaus von Lebensmitteln in der einen oder anderen Region, ist es jedoch überall für die Familien, die keinen Landbesitz oder keinen Zugang zu Land haben, sehr schwierig, sich aus eigener Kraft ausreichend zu ernähren. Denn sie können sich – sofern sie nicht zu den Reichen im Lande gehören, die über große Reserven verfügen - den Kauf von Nahrungsmitteln kaum noch leisten. Sie sind nach 7 Jahren Kriegswirtschaft, hoher Inflation und ressourcenzehrender, oft mehrfacher Flucht auf humanitäre Versorgung, das heißt Nahrungsmittel oder Geldhilfen, von außen angewiesen. Das World Food Programm (WFP) und das Flüchtlingshilfsprogramm der Vereinten Nationen ebenso wie die Diakonie Katastrophenhilfe und andere ausländische NGOs tun ihr Bestes. Aber das ist nicht genug, denn die Hilfe sowohl der UN-Organisationen als auch der privater Hilfsorganisationen für Syrien ist unterfinanziert.

Tausende Menschen komplett von Versorgung abgeschnitten

Fast 3 Millionen Syrerinnen und Syrer leben in sogenannten „hard to reach areas“, wohin kaum irgendwelche Versorgung durchdringt. Knapp 400.000 Menschen leben derzeit in sogenannten „besieged territories“ (zum Beispiel Ost Ghuta), wo die Bewohner von Besetzern und Befreiern gleichermaßen systematisch von Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung abgeschnitten und damit faktisch ausgehungert werden. 

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